Die GEW-Kollegin Sabine Dettmar ist seit Mai 2017 Sport-und Geschichtslehrerin an der Holzkamp-Gesamtschule in Witten. Ihre ungewöhnliche Anfrage erreichte die Bildungsgewerkschaft vor einigen Wochen: Sie hätte das große Glück, nach einem Triathlon-Sieg auf der Langdistanz in ihrer Altersklasse bei der letzten Europameisterschaft, am Ironman auf Hawaii teilnehmen zu können. 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42 Kilometer Laufen – wer das als großes Glück empfindet, muss neben dem herausfordernden Beruf als Lehrerin eine Menge Kraft und Ausdauer für diesen Sport aufbringen. Der Landesverband und der GEW Ortsverband Witten unterstützten die junge Sportlerin, damit sie am 14. Oktober auf Hawaii nach 11 Stunden und 13 Minuten in Bewegung auf Rang 1.157 von insgesamt über 2.400 Starter*innen ins Ziel laufen konnte. Rund eine Woche nach dem Wettkampf erzählt sie uns von ihren Erfahrungen:
Mein Alltag besteht aus meinem Beruf „Schule“ und meinem Sport „Triathlon“. Das Schöne daran ist, dass ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe: Als Sportlehrerin vermittle ich meinen Schüler*innen Freude an Bewegung und gebe all mein Sportsein an sie ab. Für meine eigene Klasse 5 kann ich ein gutes Vorbild sein – man kann Herausforderungen immer meistern und mit Leidenschaft an mehreren Sachen dranbleiben!
Lehren und Leistungssport: Organisation ist alles!
Für meine Triathlon-Distanzen Mittel- und Langstrecke ist mein Training entsprechend aufgebaut. Es ist sehr zeitintensiv und erfordert täglich viel Organisation: Wann, wie, wo kann ich trainieren? Wann bereite ich den Unterricht vor? Wann geht’s in die Schule? All das geschieht gefühlt gleichzeitig. Viele fragen mich, wie ich das zeitlich schaffe und ich antworte „Organisation ist alles“. Aber es steckt noch mehr dahinter.
Jeden Sonntagabend bekomme ich meinen Trainingsplan für die Woche. Der Schulstundenplan steht immer schon für einige Monate im Voraus fest, also kann sich der eine Plan am anderen orientieren. Wenn ich morgens aus dem Haus gehe, werden unsere Nachbar*innen wohl häufig denken, ich habe für eine Woche Urlaub gepackt: Ich habe die Schultasche dabei, meinen Schwimmbeutel geschultert, ab und zu auch die Lauftasche.
Begeisterung teilen: Unterstützung für Schüler*innen
Meine Begeisterung für den Sport überträgt sich auf viele meiner Schüler*innen. Sie kommen gerne auf mich zu und fragen, welchen Sport sie ausüben könnten, welcher Verein der richtige wäre, wie eine ausgewogene Ernährung aussehen könnte. Ich gebe immer gerne einen Rat und wir überlegen gemeinsam, wie die Kinder was am besten umsetzen können.
Und auch meinen ganz persönlichen Favoriten – den Triathlon – konnten meine Schüler*innen in diesem Jahr hautnah erleben: beim Schultriathlon in Witten. Einige Kinder aus der Klasse 5a waren angemeldet. Davor hieß es in der Fahrtenwoche: trainieren, trainieren, trainieren – und dabei möglichst viel Spaß haben.
Schwimmen, radeln, laufen: Triathlon für Schüler*innen in Witten
Einen ganzen Tag lang Triathlon erleben, konnten die Kinder im Juni 2017: Ich erklärte ihnen, wie das mit den drei Disziplinen beim Triathlon genau funktioniert – vom Schwimmen zum Wechsel ab aufs Rad und dann wieder in den Wechsel und ab in die Laufschuhe. Die Wechselzonen müssen vor dem Wettkampf gewissenhaft eingerichtet und alle Regeln beachtet werden.
Die Schüler*innen übten an diesem Tag den Massenstart auf einer Schwimmbahn, da hat schon der eine und die andere eine Hand im Gesicht gehabt. Danach wurde das Schwimmen trainiert. Wir richteten die Wechselzonen ein und jede*r bekam eine Startnummer. Wir machten unseren eigenen kleinen Freibad-Triathlon: 50 Meter Schwimmen, über das Kinderbecken laufend Radfahren und als Letztes zwei Runden in den Laufschuhen über die Wiese. Und so – nur in etwas länger und größer – funktioniert auch mein Sport, der Anfang Oktober diesen Jahres seinen bisherigen Höhepunkt fand.
Eigene Ziele setzen
Am 3. Oktober startete ich Richtung Hawaii, um mich vor Ort optimal vorbereiten zu können. Ich musste mich schnellstmöglich an das Klima gewöhnen, gleichzeitig weiter trainieren und die Wettkampfstrecken kennenlernen. Am 14. Oktober, als mein Wecker morgens um 4.00 Uhr klingelte, war es dann so weit – der Tag des Ironman World Championship 2017. Vor diesem Wettkampf war ich irgendwie entspannter als sonst. Mein kleines Ziel war gesteckt: In 11 Stunden und 15 wollte ich das Rennen bestreiten.
Gegen 7.20 Uhr sprang ich ins Wasser für die erste Teilstrecke. Es wurde ziemlich ungemütlich mit so vielen Starter*innen, aber nach der Hälfte konnte ich endlich in Ruhe schwimmen. Die Strömung vom Pier muss allerdings so stark gewesen sein, dass ich glatt 4,1 statt 3,8 Kilometer geschwommen bin in 62 Minuten. Schneller Wechsel und ab aufs Rad. Die ersten 30 Kilometer kämpfte ich gegen heftigen Wind, am Ende weitere 70. Die Sonner brannte und alle Teilnehmer*innen waren dankbar für jede Getränkestation. Nach 5 Stunden und 44 Minuten ging es zum nächsten Wechsel und ab in die Laufschuhe.
Zusammen laufen motiviert
Etwa 11 Kilometer noch bis zum Ziel! Auf dem Weg sammelte ich eine andere Teilnehmerin ein. Wir liefen die letzten Kilometer gemeinsam und konnten uns gegenseitig motivieren. Kilometer 40 – das war der anstrengendste des gesamten Tages! Es ging steil bergab und ich spürte jeden Muskel und Knochen. Mit dem Finale im Blick, der Deutschlandfahne über den Schultern und viel Applaus vom Streckenrand schaffte ich den Zieleinlauf nach 11 Stunden und 13 Minuten – ein unvergesslicher Moment, den ich zuhause mit meinen Schüler*innen, Kolleg*innen und Freund*innen teilen kann! Das nächste Ziel ist schon gesteckt: Ich komme wieder zum Ironman auf Hawaii.
Sabine Dettmar, Lehrerin für Geschichte und Sport und und Triathletin
Mein persönlicher Dank geht an meine Familie und Freund*innen, meine Schule in Witten, die GEW NRW und alle anderen (finanziellen) Unterstützer*innen!