Mit diesen Forderungen geht die GEW NRW voran

Ungerechtigkeiten im Tarifvertrag müssen 2019 beseitigt werden!

Die Tarifrunde 2019 steht angesichts des Arbeitsmarkts für die in Bildung beschäftigten Kolleg*innen in einem anderen Licht als ihre Vorgängerinnen. Was hinter den Forderungen der GEW NRW steckt.
Mit diesen Forderungen geht die GEW NRW voran

Foto: Kay Herschelmann

Die nächste Tarifrunde steht vor der Tür. The same procedure as every year? Erwartet uns die gleiche Prozedur wie jedes Jahr? Diese Frage könnte man vorschnell mit „Ja“ beantworten, wenn da nicht die Tarifrunde 2019 angesichts des Arbeitsmarkts für die in Bildung beschäftigten Kolleg*innen in einem völlig anderen Licht stehen würde. Was hinter den Forderungen der GEW NRW steckt.

Düstere Aussichten: 15.000 Lehrkräfte fehlen im nächsten Jahrzehnt

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) spricht davon, dass bis Mitte der 2020er-Jahre 15.000 Lehrkräfte in NRW fehlen werden. Auch in anderen Bundesländern sieht es nicht besser aus. Gleichzeitig meldet die Wirtschaft Rekordzahlen, die Steuereinnahmen sprudeln. Werden die öffentlichen Arbeitgeber bei diesen Rahmenbedingungen bei ihrer Blockadehaltung bleiben, die sie in der ersten Jahreshälfte eingenommen hatten als es um Weiterentwicklung des Tarifvertrags Lehrkräfte-Entgeltordnung (TV-EntgO-L) ging? Oder sind sie ab Januar 2019 bereit für Zugeständnisse?

Nach der Tagung der Bundestarifkommission der GEW im September 2018 in Frankfurt wurde in NRW die Forderungsdiskussion in den Untergliederungen und den Arbeitskreisen für Tarifbeschäftigte eröffnet. Ganz oben auf der Agenda: die prozentuale Steigerung der Gehälter!

Angleichungszulage: Paralleltabelle hat Vorrang

Eine Erhöhung der Gehälter ab 1. Januar 2019 um acht Prozent halten die GEW-Mitglieder in NRW bei einer Laufzeit von einem Jahr für gerecht. Lehrkräfte sind nicht nur gegenüber der Gehaltsentwicklung in der Wirtschaft abgehängt, auch gegenüber dem anderen Tarifbereich des öffentlichen Dienstes (TVöD), sind die Landesbeschäftigten mittlerweile abgekoppelt. Eine steigende Inflationsrate erhöht zudem den Druck auf Löhne und Gehälter.

Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes haben in der Tarifrunde 2017 die Einführung der Stufe 6 in allen Entgeltgruppen im Länderbereich erreicht, aber sie ist schlecht finanziert. Sie sollte mit dem Niveau der Stufe 6 im TVöD gleichziehen. Nicht nur deshalb hat die Anhebung der Angleichungszulage bis zum Erreichen der sogenannten Paralleltabelle (A 12 gleich EG 12) für die GEW absoluten Vorrang. Ungerechtigkeiten für neu eingestellte Lehrkräfte, die sich durch die Einführung des Tarifvertrags ergeben haben, müssen beseitigt werden.

Tarifbeschäftigte Schulsozialarbeiter*innen, Werkstatt- und Fachlehrer*innen

Der Stellenwert von Schulsozialarbeit ist höher denn je. Durch stetig wachsende Aufgabenbereiche in Inklusion und Integration müssen Schulsozialarbeiter*innen aufgrund der besonderen Schwere ihrer Tätigkeit besser bezahlt werden. Die NRW-Forderung hält deshalb für diese Beschäftigtengruppe eine Anhebung um eine Entgeltgruppe von EG 10 auf EG 11 für angemessen. Auch aufgewertet werden soll die Tätigkeit von sogenannten Ein-Fach-Lehrkräften sowie Fachlehrer*innen und Werkstattlehrer*innen durch die Bezahlung nach Entgeltgruppe 10.

Manteltarifvertrag: Über Entgeltgruppen hinaus

Bestimmte Rahmenbedingungen der Arbeit der Kolleg*innen werden nicht nur durch die Eingruppierung in Entgeltgruppen geregelt, sondern durch den Manteltarifvertrag – darin stehen Regelungen beispielsweise zu Arbeitszeiten, Kündigungsfristen, Urlaub oder Höhergruppierung. Üblicherweise wird dieser in einer Tarifrunde nicht gekündigt und Forderungen in Mantelfragen werden nicht offiziell gestellt, aber man kann Verhandlungen darüber führen. So wäre im Fall von Beförderungen die Mitnahme der vorhandenen Erfahrungsstufe ein wichtiger Schritt zu einer gerechteren Bezahlung. Bei Neueinstellungen sollten die bereits gemachten Berufserfahrungen mehr Anerkennung erhalten und zu einer besseren Bezahlung führen, was bei der gegenwärtigen Situation auf dem Arbeitsmarkt ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung wäre.

Konkrete Forderungen für die Kolleg*innen an Hochschulen

Im Hochschulbereich sind dringend Verbesserungen für die Beschäftigten notwendig. Ihre Bezahlung ist in der Anlage A zum Tarifvertrag TV-L geregelt. Lehrkräfte für besondere Aufgaben sollen nicht von der Entgeltordnung des TV-L ausgenommen werden, meint die GEW NRW. Mit dem Vorliegen einer Promotion ist das Eingruppierungskriterium „wissenschaftlicher Hochschulabschluss“ erfüllt.  Beschäftigte an Hochschulen, die Aufgaben in Forschung und Lehre übernehmen und die Abschlüsse Fachhochschuldiplom oder Bachelor besitzen, sollten mindestens in EG 12 eingruppiert sein.

Jetzt Druck machen! Der Arbeitsmarkt ist leergefegt

Die Forderungen der GEW NRW machen einen Schritt weiter hin zu einer gerechten Bezahlung der in Bildung beschäftigten Kolleg*innen. Nun sind die öffentlichen Arbeitgeber am Zug zu reagieren. Der Arbeitsmarkt spricht eine deutliche Sprache: Er ist leergefegt. Eine Personalpolitik nach dem Prinzip „Kein Geld für’s Personal“ und Sparpolitik auf dem Rücken der Beschäftigten hat in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes in den Ländern zu Personalausfällen geführt, der dramatische Ausmaße annimmt. Tarifforderungen werden aber nicht allein durch das Geschick der Gewerkschaftsvertreter*innen am Verhandlungstisch verwirklicht, sondern besonders durch den Druck, den die Beschäftigten durch Streiks und Aktionen ausüben.

Jochen Bauer, Mitglied in der Bundestarifkommission der GEW und im Ausschuss für Tarifpolitik der GEW NRW