Im Interview erklären die drei Gewerkschafter*innen Philipp Einfalt, Vorsitzender des Stadtverbandes Krefeld, Barbara Wessmann, Ortsverbandsvorsitzende in Recklinghausen, und Johanne Dünsing, Vorsitzende des Kreisverbandes Rhein-Erft, was sie für ihre Arbeit vor Ort brauchen und welche gewerkschaftlichen Themen ihnen besonders am Herzen liegen.
Was erwartest du vom Gewerkschaftstag 2017 in Duisburg?
Philipp Einfalt: Ich erwarte einige wegweisende Veränderungen der GEW NRW. Dabei ist es wichtig, die Organisationsstruktur zu verschlanken, zu optimieren und zu modernisieren – nach dem Motto „GEW NRW auf dem Weg in ein neues Jahrzehnt“. Ich hoffe auf eine eindeutige Positionierung der GEW NRW bezüglich Inklusion und der noch immer – trotz einiger Aufklärungsversuche – für die Öffentlichkeit ungeklärten Haltung in Bezug auf die Schließung der Förderschulen. Steht die GEW NRW noch zu der Aussage „Eine Schule für alle“? Ich erhoffe mir einen Gewerkschaftstag, der sich nicht in endlosen Wortbeiträgen ergeht, sondern die Dinge auf den Punkt bringt und Ergebnisse liefert.
Barbara Wessmann: Ein Gewerkschaftstag ist – wie eine Lehrerkonferenz – nicht vergnügungssteuerpflichtig, sondern gehört für mich zu den Pflichten eines aktiven GEW-Mitglieds. Insofern erwarte ich in erster Linie eine professionelle Durchführung mit einer Begrenzung der Redezeit. Nur so ist für mich gewährleistet, dass genug Zeit für Themen bleibt, die sowohl vom Landesvorstand als auch von den Delegierten als wichtig erachtet werden.
Welches Thema ist dir als Gewerkschafter*in besonders wichtig? Warum?
Johanne Dünsing: Ich wünsche mir, dass die Untergliederungen in ihren Sorgen und Wünschen ernst genommen werden. Ich weiß, es gibt Untergliederungen, die sich mehr Unterstützung wünschen und auch nichts dagegen hätten, mit anderen zusammengelegt zu werden. Ich weiß aber auch, dass es anderswo ganz anders aussieht. Als Vorsitzende des Kreisverbandes Rhein-Erft würde ich mich mit Händen und Füßen dagegen wehren. Hier ist in den letzten Jahren so viel in Bewegung gekommen und so viel Neues entstanden. Das würden wir nicht aufgeben wollen. Wir fangen an, viel mehr Mitglieder als früher zu erreichen. Auch unsere Mitgliederzahlen sind gestiegen. Von daher möchten wir uns gerne die Autonomie bewahren, was Entscheidungen inhaltlicher Art und die finanziellen Mittel, die wir haben, betrifft. Nur so können wir unsere gute Arbeit fortführen.
Philipp Einfalt: Besonders wichtig ist die Möglichkeit, administrative Aufgaben der Stadtverbandsarbeit abgeben zu können, damit mehr Zeit für die politische Arbeit bleibt. Weiterhin wichtig erscheint mir die Vernetzung der einzelnen Stadtverbände. Wir sind auf dem Weg mit Mönchengladbach, Viersen und Düsseldorf. Aktuell ist mir die neue TVöD-Runde 2018 besonders wichtig. Weitere wichtige Themen sind „Gute Schule 2020“, die Gründung der Anstalt des öffentlichen Rechts in Krefeld und die Auswirkungen auf die Personalräte. Dazu kommen Themen wie schlechte Gebäudereinigung, Lehrkräftemangel; durch zu hohe Belastungen frustrierte, gestresste, kranke, ausgebrannte Kolleg*innen, die Zusammenarbeit und Vernetzung mit anderen DGB-Gewerkschaften und und und...
Barbara Wessmann: Besonders wichtig sind mir organisatorische Fragen. Wie kann die GEW meine Arbeit vor Ort unterstützen? Nach der Tagung GEW-aktiv sehe ich uns auf einem guten Weg. Es werden hilfreiche Fortbildungen für die Aktiven angeboten, die ich gerne nutze. Dennoch hoffe ich, dass durch eine zentralere Lenkung beispielsweise im Personalratswahlkampf die konkrete Arbeit erleichtert werden könnte.
Wie sieht Gewerkschaftsarbeit für dich als Ehrenamtler*in aus? Was sollte sich aus deiner Sicht verändern?
Barbara Wessmann: Ich bin tätig als Ortsverbandsvorsitzende und als Personalrätin für Gymnasien und Weiterbildungskollegs. An den Gymnasien sehen wir uns mit der großen Konkurrenz des Philologenverbandes konfrontiert. Es gelingt häufig nicht, die Kolleg*innen für die GEW NRW zu begeistern, da die GEW NRW nicht als Stimme für die Gymnasialkolleg*innen wahrgenommen wird. Für unsere Personalratsarbeit und vor allem für den Personalratswahlkampf erhoffe ich mir, dass die GEW NRW die Arbeit der Kolleg*innen an den Gymnasien, die eine sehr große Beschäftigtengruppe darstellen, deutlicher wertschätzt und konstruktiv begleitet. In der momentanen Debatte um G8/G9 konnten viele GEW-Positionen durchgesetzt werden. Das ist sehr positiv und sollte auch in den GEW-Publikationen offensiv kommuniziert werden, zumal es bei den Kolleg*innen eine große Zustimmung für die GEW-Positionen gibt. Das ist doch ein guter Anfang, finde ich.
Johanne Dünsing: In erster Linie macht mir Gewerkschaftsarbeit Spaß. Ich habe das Gefühl bei Themen, die mich und meine Kolleg*innen unmittelbar betreffen, wie beispielsweise JA 13 mitgestalten und -wirken zu können. Ich habe in den letzten Jahren durch die GEW NRW sehr viele engagierte Menschen kennengelernt, die meine Arbeit und meine Sichtweisen bereichert haben. Ich musste allerdings auch lernen, klare Grenzen zu setzen, um nicht mit Aufgaben überhäuft und überfordert zu werden. Gleichzeitig haben sich für mich beispielsweise durch die Kommunikationsschulung oder die Vorstandsarbeit viele Möglichkeiten persönlichen Wachstums ergeben.
Philipp Einfalt: Ich empfinde Gewerkschaftsarbeit als sehr wichtig und mache sie sehr gerne. Die Arbeit umfasst meine Tätigkeit als Personalrat, die Arbeit als Stadtverbandsvorsitzender, das Engagement auf Bezirks-, Landes- und Bundesebene und mein Engagement im DGB. Ich denke, diese Aufzählung reicht aus, um den Umfang zu erahnen. Ohne ein umfassendes Engagement kann unsere Arbeit meiner Ansicht nach nur bedingt erfolgreich sein. Die zeitliche Kapazität eine*r Ehrenamtler*in reicht nicht aus. Trotz einer guten Zusammenarbeit im Stadtverband bleibt die Arbeit meist an wenigen hängen. Nachwuchs ist Mangelware. Ich denke, eine andere Organisationsstruktur würde schon ein wenig weiterhelfen. Ein Neustart der GEW NRW insgesamt wäre meiner Ansicht nach sinnvoll. Viele, die ich anspreche, wissen mit dem Begriff Gewerkschaft und den Inhalten nichts anzufangen. Das muss sich ändern! Solidarität muss wieder mehr gelebt und gefühlt werden.
Die Fragen stellte Jessica Küppers, Redakteurin im NDS Verlag.