Die Paktiererei geht weiter, teilweise im neuen semantischen Gewand. So wird aus dem Qualitätspakt Lehre das Programm „Innovation der Hochschullehre“ und der Hochschulpakt 2020 heißt künftig „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“. Wie von der GEW gefordert, soll das neue Programm auf unbestimmte Zeit laufen. Der Haken dabei: Wegen seiner kümmerlichen Ausstattung ist das Ganze eher als Kürzungsprogramm ausgelegt, denn die Bundesmittel werden einmalig von jährlich 1,88 auf 2,05 Milliarden Euro im Jahr 2024 erhöht. Eine Dynamisierung findet nicht statt, auch das hatte die Bildungsgewerkschaft gefordert. Die Länder sollen Mittel in gleicher Höhe beisteuern.
Kampagne der Gewerkschaften: Frist ist Frust
Mit der Kampagne „Frist ist Frust“ haben GEW, ver.di und das Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft politischen Druck gemacht für mehr unbefristete Beschäftigung. Doch verbindliche Standards für Befristungen sehen die neuen Pakete in der Wissenschaft nicht vor.
Zwar hat sich die schwache Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) dafür stark gemacht, einen Indikator Dauerstellen zu implementieren, der die Höhe der Zuweisung der Paktmittel beeinflusst, doch daraus wurde nichts.
Dauerstellen für Daueraufgaben: Länder stellen sich quer
Die Vorsitzende der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) und Bremer Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) stellte in Aussicht, dass die Länder in bilateralen Vereinbarungen mit dem Bund entsprechende Selbstverpflichtungen eingehen. Fazit: Ganz offenkundig ist das Projekt, mit dem Hochschulpakt Dauerstellen für Daueraufgaben zu fördern, nicht am Bund, sondern an den Ländern gescheitert.
Verteilung der Paktmittel: Studierende machen ihren Abschluss besser im Eiltempo
Bei der Verteilung der Paktmittel sollen drei gewichtete Parameter gelten: Studienanfänger*innen (20 Prozent), Studierende in der Regelstudienzeit plus zwei Semester (60 Prozent) und Absolvent*innen (20 Prozent). In ihrem Budenheimer Memorandum hat sich die GEW bereits dafür ausgesprochen, dass die Mittelverteilung des Hochschulpakts künftig nicht allein an der Zahl der Studienanfänger*innen, sondern auch an der Zahl der Studierenden sowie der Absolvent*innen ausgerichtet wird.
Der stellvertretende Vorsitzende der und Leiter des Organisationsbereichs Hochschule und Forschung Andreas Keller kommentiert die Entscheidungen so: „Bund und Länder haben den Text offenbar nicht genau gelesen, denn ganz bewusst hat die GEW von der Zahl der Studierenden, aber nicht der Studierenden in der Regelstudienzeit gesprochen. Wir brauchen keine Anreize, Studierende im Eiltempo durchs Studium zu schleusen und sie verloren zu geben, wenn sie nicht schnell genug ihren Abschluss machen.“
Bundesrechnungshof moniert Hochschulpakt
Zur Kritik am Hochschulpakt und seinen Wirkungen setzt der Bundesrechnungshof noch einen oben drauf, so war in der WELT zu lesen: „Das ,Programm zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger’ ist gekennzeichnet durch Fehlentwicklungen, Verstöße im Haushaltsvollzug und ein intransparentes Berichtswesen. Wichtige Ziele hat es verfehlt: Durch die Verschlechterung der Betreuungsquoten ist fraglich, ob ein qualitativ hochwertiges Studium gewährleistet werden kann. Fraglich ist auch, ob die Länder die Gesamtfinanzierung der Ziele des Hochschulpakts in dem vereinbarten Umfang gesichert haben.“ Der Bericht mutmaßt, dass einige Länder Geld zwar genommen und zusätzliche Studierende sich einschrieben haben, aber dafür keine zusätzlichen Studienplätze geschaffen wurden. „Die Verschlechterung der Betreuungsrelation deutet darauf hin, dass die Hochschulen zusätzliche Studienberechtigte aufgenommen haben, ohne ihre Kapazitäten auszuweiten.“
Ist der neue Hochschulpakt der Einstieg in die Unterfinanzierung?
Die Bewertung des neuen Hochschulpakts fällt also zwiespältig aus. Die Einigung zwischen Bund und Ländern markiert zwar den überfälligen Einstieg des Bundes in die Grundfinanzierung der Hochschulen, so Andreas Keller, aber bei dieser Knauserigkeit könne auch von einem „Einstieg des Bundes in die Unterfinanzierung der Hochschulen“ gesprochen werden. Zu wenig Geld für die Einstellung von Professor*innen und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen führt nicht dazu, dass sich die Betreuungsrelationen verbessern, die Qualität der Lehre zunimmt und die Beschäftigungsbedingungen insgesamt zu „Guter Arbeit“ an der Hochschule führen.
Wir machen Druck für mehr Dauerstellen und bessere Studienbedingungen
Die GEW wird die Umsetzung des Hochschulpakts kritisch begleiten. Das bedeutet insbesondere auch Druck auf die Länder zu machen für mehr Dauerstellen in der Lehre und bessere Studienbedingungen. Bereits im Vorfeld der Vereinbarung zum Hochschulpakt hatte GEW-Landesvorsitzende Dorothea Schäfer in einem Brief an NRW-Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen appelliert, sich bei zukünftigen Ausgestaltung des Hochschulpakts sowohl für die Förderung von Dauerstellen für Daueraufgaben als auch für die zusätzliche Bereitstellung von Studienplätzen in der Lehrer*innenbildung einzusetzen.
Berthold Paschert, Pressesprecher und Hochschulreferent der GEW NRW