Kritik am neuen Hochschulgesetz beim GEW-Hochschultag

Verlässliche Karrierewege an Hochschulen in NRW durch gezielte Personalentwicklung

Die Teilnehmer*innen beim Hochschultag der GEW NRW am 15. Juni 2018 in Wuppertal übten scharfe Kritik: Der Referentenentwurf für ein neues Hochschulgesetz liegt vor und verspricht trotz vollmundiger Ankündigungen im Koalitionsvertrag keine Verbesserung für die Beschäftigten.
Kritik am neuen Hochschulgesetz beim GEW-Hochschultag

Foto: pixabay

Der Hochschultag der GEW NRW mit dem Leitgedanken „Verlässliche Karrierewege durch gezielte Personalentwicklung“ war ein Beitrag zur Debatte um Dauerstellen für Daueraufgaben an den Hochschulen. Nicht die allgemeine Personalentwicklung stand dabei im Fokus, sondern die Frage, wie es um verlässliche Karrierewege für hochqualifizierte wissenschaftliche Mitarbeiter*innen bestellt ist, die über Jahre zeitlich befristet beschäftigt sind.

Hochschulgesetz schwächt gewerkschaftliche Arbeit

Die Novellierung des Hochschulgesetzes ist im vollem Gange. Und in diesem Kontext lautet die politische Botschaft der GEW NRW: „Wir können trotz der vollmundigen Ankündigungen im Koalitionsvertrag keine Verbesserung für die Beschäftigten im Referentenentwurf für ein neues Hochschulgesetz erkennen. Im Gegenteil. Die geplante Streichung des ‚Rahmenkodex für gute Arbeit’ zeigt, die Landesregierung will auch in der Hochschullandschaft entfesseln statt gestalten. Das wird auch am Wegfall des Landeshochschulentwicklungsplans ganz deutlich“, sagte Landesvorsitzende Dorothea Schäfer in ihrem Grußwort im Beisein von Prof. Dr. Lambert Koch, Rektor der Bergischen Universität Wuppertal. Offenbar sei es politischer Wille der Landesregierung, durch die Gesetzesnovelle organisierte Arbeitnehmer*inneninteressen und gewerkschaftliche Arbeit zu schwächen.

Templiner Manifest und Befristungen in der Wissenschaft

Den Reigen interessanter Fachvorträge mit ausgesuchten Referent*innen eröffnete der stellvertretende GEW-Vorsitzende Dr. Andreas Keller mit einem Überblick über die Aktivitäten der GEW im Hochschulbereich ausgehend vom Templiner Manifest. Die Arbeit der GEW in den letzten zehn Jahren zeigt ihre Wirkung. Befristungen in der Wissenschaft steht als Thema auf der Agenda der Politik. Erste Lösungsansätze sind erkennbar, aber es ist noch ein weiter Weg.

Langfristige Perspektiven für junge Wissenschaftler*innen

Andreas Keller, zugleich Vorstandmitglied für Hochschule und Forschung, präsentierte den Vorschlag der GEW für eine neue Personal- und Karrierestruktur an Universitäten, die aufgabengerecht sein und jungen Wissenschaftler*innen langfristige Perspektiven eröffnen soll. Gemäß des Grundsatzes „Dauerstellen für Daueraufgaben“ sollen diese künftig ohne Professur in unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen Daueraufgaben in Forschung, Lehre und Wissenschaftsmanagement erfüllen und somit Wissenschaft als Beruf ausüben können.

Mit den Beiträgen der Prorektorin der Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), Prof. Doris Klee, und von Dr. Christina Reinhardt, Kanzlerin der Ruhr-Universität Bochum, stellten zwei versierte Expertinnen auf ihrem Gebiet prototypisch Konzepte ihrer Universitäten vor.

Dreieck der Verantwortung sowie Qualifizierungs- und Coachingprogramme an Hochschulen

Christina Reinhard reklamierte „Personalentwicklung als unsere Sache“ und stellte ihre Überlegungen zu einem Dreieck der Verantwortung aus Wissenschaftler*in, Professor*in und Hochschulinstitution und zur Absicherungskaskade vor. Wenn die Drittmittel für eine Vertragsverlängerung nicht reichen, sollen Fakultät oder zur Not die Universität selbst die Kompensation der fehlenden Mittel übernehmen.

Prorektorin Doris Klee stellte das vielfältige Geflecht aus Qualifizierungs- und Coachingprogrammen an der RWTH dar und verwies auf den ausgeprägten Stand der Vernetzung in der Wissenschaftskooperation mit den unterschiedlichsten Partnern, die vielfältige Karriereoptionen auch außerhalb der Universität ermöglichten.

Modernisierungsprozess universitärer Karrierewege durch Tenure-Track

Dr. Dorothee Buchhaas-Birkholz vom Bundesbildungsministerium (BMBF) erklärte indes das 2016 installierte Bund-Länder-Programm Tenure-Track zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und skizzierte die Tenure-Track-Professur als einen „Modernisierungsprozess universitärer Karrierewege“. Mit dem Programm soll die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems erhöht werden, indem mit der Tenure-Track-Professur ein international bekannter und akzeptierter Karriereweg zusätzlich etabliert werde, der zugleich die Entscheidung über einen dauerhaften Verbleib von Nachwuchswissenschaftler*innen in der Wissenschaft deutlich vorverlagere, transparenter gestalte und somit besser kalkluierbar mache.

Interessen der Hochschulbeschäftigten wirksam vertreten

In drei Foren am Nachmittag stand die Novellierung des Hochschulgesetzes NRW im Zentrum einer engagierten Debatte von wissenschaftlich Beschäftigten, Personalrät*innen und engagierten Gewerkschafter*innen. Die Bildungsgewerkschaft GEW kritisiert den Referentenentwurf für ein neues Hochschulgesetz und fordert Verbesserungen der Arbeitsbedingungen an den Hochschulen.

Der Anspruch, für gute Arbeit an der Hochschule zu sorgen und die Interessen der Hochschulbeschäftigten wirksam zu vertreten, werde durch die Novellierung des Hochschulgesetzes untergraben – so das Resümee zahlreicher Beiträge und Diskussionen beim Hochschultag der GEW NRW. Engagierte Personalvertretungen müssen ihren wichtigen Aufgaben unbelastet nachgehen können. Und auch die ständige Kommission beim Wissenschaftsministerium muss ihre Arbeit fortsetzen können, um zu evaluieren, wie es um gute Arbeit in der Wissenschaft bestellt ist.

Berthold Paschert, Referent für Hochschule und Forschung der GEW NRW