Durch die Corona-Pandemie ergeben sich täglich, zum Teil stündlich, neue Situationen. Die GEW NRW gibt Antworten auf die häufigsten Fragen von Kolleg*innen aus der Schule.
#gewhilft: FAQ zur Situation in den Schulen

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Personaleinsatz
Wer muss seinen Dienst in der Schule wieder antreten?
In dem Konzept des MSB zur Wiederaufnahme eines angepassten Schulbetriebs in Corona-Zeiten zu Beginn des Schuljahres 2020/2021 vom 03.08.2020 wird bezüglich der Risikogruppen auf die bisherige Rechtslage verwiesen. Diese ist der Schulmail 19 des MSB formuliert: der Unterrichtseinsatz von Lehrkräfte hängt davon ab, ob ein ärztliches Attest vorliegt. Lehrkräfte, bei denen aufgrund besonderer gesundheitlicher Risiken die Gefahr eines schweren Verlaufs von Covid-19 besteht (s. Risikogruppeneinschätzung des RKI), können auf Grundlage eines ärztlichen Attests von der Verpflichtung zum Präsenzunterricht (einschließlich Pausen- oder Klausuraufsichten etc.) befreit werden. Das Attest – des eigenen behandelnden Arztes – sollte enthalten: es wird eine erhöhte Gefahr bestätigt, dass bei einer Infektion mit Covid 19 ein schwerer Verlauf zu befürchten ist. Eine konkrete Krankheitsdiagnose muss nicht enthalten sein.
Das Attest wird der Schulleiterin oder ihrem Schulleiter vorgelegt. Im Einzelfall kann bei Bedarf eine zusätzliche arbeitsmedizinische Begutachtung hinzugezogen werden.Diese Befreiungsmöglichkeit wird auch Lehrkräften eingeräumt, die mit einer tatsächlich zu betreuenden Person mit Pflegegrad (Antragsstellung reicht aus) in häuslicher Gemeinschaft leben. Hier ist ebenfalls ein ärztliches Attest über die o.g. besondere Gefährdung der pflegebedürftigen Person aufgrund einer relevanten Vorerkrankung vorzulegen.
Bis zur Vorlage eines solchen Attests sind Lehrkräfte zum Dienst verpflichtet, außer sie sind dienstunfähig.
Es gibt nur dann einen Beschwerdegrund, wenn die Hygienestandards, , wie nicht eingehalten werden können (etwa zu wenig bis gar keine Waschbecken, keine Seife, keine Handtücher...). Schulleitungen, die ja nach Schulgesetz verantwortlich für die Einhaltung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes vor Ort sind, müssten dies gegenüber der Dienststelle und/oder dem Schulträger deutlich formulieren, damit von dort Abhilfe geschaffen werden kann.
Sollte diese Maßnahmen inklusive eines schulinternen Hygieneplanes (abgestimmt mit dem Lehrerrat) umgesetzt sein, so besteht auch eine Dienstpflicht, sofern es keine weiteren persönlichen Gründe gibt (z.B. Dienstunfähigkeit/Arbeitsunfähigkeit), die ein Zurückbehalten der Arbeitsaufnahme in der Schule rechtfertigen würde. Ein Verstoß gegen die sogenannte beamtenrechtliche Gehorsamspflicht kann disziplinarische Folgen haben. Es ist daher ohne weitere rechtliche Beratung davon abzuraten. Auch Arbeitnehmer*innen können nicht ohne arbeitsrechtliche Folgen ohne Grund ihre Arbeitsleistung verweigern.
Auch wenn die Präsenzpflicht ausgeschlossen werden kann, bleiben Beschäftigte arbeits-/dienstfähig mit anderen Aufgaben: „Ein derartiges Attest entbindet nicht von der Verpflichtung, alle übrigen dienstlichen Tätigkeiten am häuslichen Arbeitsplatz oder in der Schule zu erfüllen, wie beispielsweise das Bereitstellen von Materialen im „Lernen auf Distanz“ oder die Teilnahme an Konferenzen und Dienstgesprächen sowie die Abnahme von mündlichen Prüfungen.“ (aus dem FAQ des MSB)Kann ich die Präsenz in der Schule verweigern?
- Beamt*innen können und müssen zunächst ihre Bedenken der Schulleitung, als unmittelbare vorgesetzte Stelle vortragen. Danach können sie remonstrieren, wenn ihren Bedenken nicht nachgekommen wird und die Anweisung aufrechterhalten wird.
In § 36 Abs. 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und § 3 Abs. 2 Allgemeine Dienstordnung (ADO) wird das sogenannten Remonstrationsverfahren beschrieben: Beamt*innen haben Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen. Der Dienstweg beginnt grundsätzlich bei der bzw. dem unmittelbaren Vorgesetzten der Beamt*in. Daher sind zunächst auf der ersten Stufe des Remonstrationsverfahrens die Bedenken einer Lehrkraft gegenüber der Schulleitung zu äußern. Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sich die Beamt*innen, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächst höhere Stelle zu wenden. Dies ist auf der zweiten Stufe des Remonstrationsverfahrens die Bezirksregierung (oder für Grundschulen das Schulamt). Wird die Anordnung von dort aus wiederum bestätigt, müssen die Beamt*innen sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit. Bis dahin darf die geforderte dienstliche Handlung ausgesetzt werden.
Sollte die übergeordnete Dienststelle die Anweisung aufrechterhalten, so gibt es nur noch den gerichtlichen Weg. Diesen im Einzelfall zu beschreiten, sollte mit rechtlichem Rat hinterfragt werden (dazu ist der GEW Rechtsschutz für Mitglieder da). - Angestellte sollten ebenfalls zunächst die Bedenken gegenüber der Schulleitung geltend machen. Nach § 3 Abs. 4 ADO gelten für Lehrerinnen und Lehrer im Tarifbeschäftigungsverhältnis die allgemeinen Rechte und Pflichten entsprechend (§ 3 TV-L). Insoweit sind auch hier die in § 3 Abs. 2 ADO genannten Pflichten sowie die Regelungen nach den Vorschriften der §§ 35, 36 BeamtStG anzuwenden.
Ein Zurückbehaltungsrecht ihrer Arbeitsleistung kann danach nur noch mittels Klage aufrechterhalten werden, ohne dass arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen. - Stellen von Gefährdungsanzeigen: Beschäftigte können Anzeigen mit konkreten Informationen über die Situation im Bereich Hygiene und Arbeitsschutz in der Schule stellen. Auch für mögliche rechtliche Folgen (Dienstunfall oder Schadensersatzansprüchen) ist die Gefährdungsanzeige zur Dokumentation sehr wichtig. Zentral ist dabei, ob die Ansteckungskette nachweisbar ist. Dafür sollte in der Schule vereinbart werden, wie die Anwesenheit der Schüler*innen und Beschäftigte dokumentiert werden. Auch die Hygienepläne der einzelnen Schule sollten gesichert werden, um die Maßnahmen des Arbeitgebers zu dokumentieren.
- Das Einschalten des Lehrerrates und möglicherweise des Personalrats ist ebenfalls eine Möglichkeit, um die Hygienevoraussetzungen und damit den möglichsten Gesundheitsschutz herzustellen. Dazu ist jede*r Einzelne*r befugt im Rahmen seines Beschwerderechts.
- 5. Auch Schulleitungen können diese Rechte wahrnehmen.
- Das Angebot des MSB der Unterstützung bei Ängsten vor Ansteckung sollte angenommen werden. Der schulpsychologische Dienst ist auch für die Beschäftigten da.
Was ist, wenn ein*e Familienangehörige*r zur Risikogruppe gehört?
Nicht nur Lehrkräfte, bei denen aufgrund besonderer gesundheitlicher Risiken die Gefahr eines schweren Verlaufs von Covid-19 besteht, können auf Grundlage eines ärztlichen Attests von der Verpflichtung zum Präsenzunterricht (einschließlich Pausen- oder Klausuraufsichten etc.) befreit werden. Diese Befreiungsmöglichkeit wird auch Lehrkräften eingeräumt, die mit einer tatsächlich zu betreuenden Person mit Pflegegrad (Antragsstellung reicht aus) in häuslicher Gemeinschaft leben. Hier ist ebenfalls ein ärztliches Attest über die besondere Gefährdung der pflegebedürftigen Person aufgrund einer relevanten Vorerkrankung vorzulegen. Eine konkrete Krankheitsdiagnose ist nicht erforderlich, das Attest muss vielmehr die vg. erhöhte Gefahr bestätigen. Bis zur Vorlage eines solchen Attests sind Lehrkräfte zum Dienst verpflichtet. Atteste, die im abgelaufenen Schuljahr ausgestellt wurden, entfalten seit dem Unterrichtsende vor den Sommerferien keine Wirkung mehr. Für die Zeit nach den Sommerferien ist für eine Befreiung vom Präsenzunterricht die Vorlage eines neuen Attestes erforderlich (s. auch FAQ des MSB).
Was gilt für Menschen mit Schwerbehinderung?
Für sie gelten die Voraussetzungen der übrigen Beschäftigten. Es wird also von der Art der Erkrankung oder vom Alter abhängig sein. Einen generellen Ausschluss gibt es nicht (s. Schulmail 15 Abschnitt III Nr. 3). Bei Problemen sollte die Schwerbehindertenvertretung eingeschaltet werden.
Was müssen Tarifbeschäftigte an Schulen im Umgang mit Corona wissen?
Insbesondere für die tarifbeschäftigten Kolleg*innen an den Schulen stellen sich weitere Fragen im Umgang mit der Arbeit in Zeiten von Corona. Wir haben deshalb die am häufigsten gestellten Fragen zusammengefasst und geben Antworten in unserem Infoschreiben. Weiterlesen
Ist es Mehrarbeit, wenn zum Distanzlernen nun Präsenzunterricht kommt?
Wir vertreten die Auffassung, dass zu unterscheiden ist zwischen Home-Schooling und Präsenzunterricht der eigenen Klasse und Präsenzunterricht für andere.
„Sofern eine Lehrkraft über ihre eigentliche Unterrichtsverpflichtung hinaus zusätzlich zum Home-Schooling Präsenzunterricht als Vertretungsunterricht erteilen soll und hiefür keine anderweitige Entlastung erhält, stellt sich die Frage nach Mehrarbeit nach dem Mehrarbeitserlass (Bass 21-22 Nr. 21).“ So auch das MSB in einer Antwort dazu.
Also: wenn die Lehrkraft Home-Schooling für ihre ihr zugeteilten Klassen macht inklusive möglicherweise für diese auch Präsenzunterricht (weniger als normal) dann gehört das zu ihrer normalen Arbeit und ist in der normalen Arbeitszeit (41 Stunden bzw. 28 U-Stunden – VZ in Grundschulen) zu leisten. Dies ist dann keine Mehrarbeit. Die GEW rät, dies auch im zeitlichen Rahmen zu halten, damit keine Entgrenzung der Arbeitszeit geschieht.
Gehalt
Welche finanziellen Folgen gibt es für Tarifbeschäftigte?
Hier sind verschiedene Fallgestaltungen zu unterschieden:
- Tarifbeschäftigte, die zu einer Risikogruppe bezüglich Corona gehören
Sie dürfen nicht in der Schule arbeiten. Sie erhalten weiterhin ihre normale Vergütung. Sie werden – wie Beamt*innen – vom Arbeitgeber freigestellt. Damit besteht weiterhin Lohnfortzahlungspflicht. - Tarifbeschäftigte, die arbeitsunfähig sind wegen einer Corona-Erkrankung
Es gelten die üblichen gesetzlichen und tariflichen Regelungen. Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz gilt für alle, die nicht unter den Überleitungsregelungen des Überleitungsrechts fallen (Stichtag ist der 31. Oktober 2006) ein sechswöchiger Lohnfortzahlungsanspruch. - Tarifbeschäftigte, die unter Quarantäne gestellt werden
Personen sind von ihrer Arbeitsverpflichtung befreit, wenn sie unter amtlich angeordneter Quarantäne stehen oder dem sogenannten beruflichen Beschäftigungsverbot nach dem Infektionsschutzgesetz unterliegen.
Grundsätzlich schuldet der Arbeitgeber seinen Beschäftigten weiterhin die Vergütung, wenn sie für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in der eigenen Person liegenden Grund ohne eigenes Verschulden an der Dienstleistung gehindert sind (§ 616 S. 1 BGB). Die Rechtsprechung geht hier von einem Zeitraum von bis zu sechs Wochen aus (BGH v. 30.11.1978, III ZR 43/77).
Besteht kein Anspruch auf Vergütungszahlung gegenüber dem Arbeitgeber (nach 6 Wochen), greift aber der Entschädigungsanspruch gegenüber dem Staat nach § 56 Abs. 1 IfSG., Der Arbeitgeber tritt hier in Vorleistung, kann aber die Erstattung der Entschädigung bei der zuständigen Behörde beantragen.
Nach Ablauf der sechs Wochen besteht ein Anspruch auf Entschädigung in Höhe des Krankengeldes.
Schulorganisation
Muss ich als Risikopatient zu Konferenzen erscheinen?
Die Befreiung von Lehrkräften vom Präsenzunterricht berührt die allgemeine Dienstpflicht nicht berührt; sie können auch zu anderen schulischen Aufgaben herangezogen werden, so die Hinweise des MSB zum Schulstart. Dies bedeutet dann auch, dass es eine Pflicht zur Teilnahme an Konferenzen gibt. Dafür ist aber ebenfalls ein Hygienekonzept und seine Einhaltung erforderlich (Abstand, Hygiene und ggfls. Mundschutz). Die Verabredungen dafür sollte zusammen mit dem Lehrerrat ggfls. unter Hilfeleitung des Personalrats und/oder des BAD erfolgen.
Es sollte bei Einladung z.B. zu einer Lehrerkonferenz der Lehrerrat eingeschaltet werden, damit diese Problemlage mit der Schulleitung besprochen wird und die Einladung zurückgenommen wird. Es sollte entschieden werden, welche „Konferenzen“ mit „wenigen“ Teilnehmer*innen unter Einhaltung der Hygienestandards wirklich erforderlich sind.